16.10.2022
Bulemie und Magersucht, so sagen die Lehrbücher, gehen einher mit einer verzerrten Wahrnehmung des eigenen Körpers der meist weiblichen Betroffenen einher.
Die Betroffenen sehen sich dick, sehr dick.
Etwas in ihnen sagt, du bist nicht richtig, so wie du bist.
Es mag das Echo der Mutter in einer frühen Lebensphase sein, die durch ihre inneren und äußeren Bedingungen,
die Tochter nicht so vollumfänglich bejahen konnte,
so dass diese mit einem Introjekt durch das Leben geht,
„du bist so nicht richtig”.
Angefüttert wird diese innere Nörgel Instanz durch kulturell prägende dürre Frauenbilder, seit dem es Youtube gibt, Influencerinnen gekleidet in Kindergrößen.
Die Negierung weiblich runderer Formen, tritt manchmal auch nach Sexualisierungen, und Übergriffen männlicher Bezugspersonen, abmagern um nicht das Objekt unangemessener Begierde zu sein.
Die Vernichtung des abgelehnten Selbst.
Dem Körper wird ein starres Reglement, mit stetig enger werdenden Grenzen der erlaubten Nahrung zugemutet.
In seiner Not mobilisiert er Endorphine, die letzte Option in Notzeiten.
Zusätzlich zur reduzierten Nahrungsaufnahmen zelebrieren die Betroffenen ein rigides Trainingsprogramm in Fitness Zentren, dagegen erscheint ein Bootcamp der US-Marines wie ein Wellness Aufenthalt.
Eine klapperdürre Patientin zeigt sich im Zweitgespräch,
in einem eng anliegenden Overall. Die Schlüsselbeine stechen hervor, die Rippen zeichnen sich unter dem dünnen Stoff ab. In mir steigt die Angst um ihr Leben auf, die Angst die eigentlich zu ihr gehört.
Das scheint meine Aufgabe zu werden, die Not hinter der körperliche Not zu sehen, die Symbolik zu entschlüsseln, zu übersetzen, dass ihre Seele einen anderen Ausdruck findet, als zu körperlich entschwinden.
Die Aufgabe erscheint groß, sie scheint entschieden mir sie zu übertragen. Ich möchte nicht scheitern, nicht enttäuschen. Sie schildert das sonntägliche Frühstücksritual mit der Mutter .
Die Patientin nimmt die wöchentliche Hauptmahlzeit zu sich. Sie isst zwei Brötchen mit geräuchertem Lachs, alles ist in Ordnung heißt die Inszenierung von Mutter und Tochter.
Ein Klinikaufenthalt wurde abgebrochen, da sie keinen Trost fand, in ihrer Trauer über drei zugenommene Kilos.
Sie fühlte sich in ihrer Seelennot allein gelassen, als sie ihren Widerstand gegen die Zumutungen ihres Lebens aufgab, und zu essen begann.
Vor meinem inneren Auge erscheint ein mageres Küken, das schreit :
” feed me, I am hungry”.
In der Gegenübertragung, das ist das, was durch die Patientin auf therapeutischer Seelenseite mobilisiert wird, entsteht ein Gefühl,”jetzt bloß nichts Falsches sagen”,
keine falsche Seelennahrung geben.
Sie erscheint so zerbrechlich, und strahlt doch eine große Kraft und Entschlossenheit aus.
Erstmalig manifestiert hätte sich die Magersucht in der Ausbildung zur Krankenschwester, ein Beruf den die Mutter für sie gewählt hätte, für den sie nie gebrannt hätte.
Die aktuelle Erkrankung sei durch die Trennung des Partners ausgelöst worden, und den Verlust der Großfamilie auf dem Bauernhof, wo sie sich geborgen und zugehörig gefühlt hätte.
Sie hat am Wochenende eine medizinische Rehabilitation beantragt, und strebt eine Umschulung an.
Eine ehemalige Patientin meldet sich, berichtet von einem bulemischen Rückfall, ausgelöst durch eine große Enttäuschung in der Liebe.
Das Objekt ihrer Begierde, der Mann an den sie sich binden wollte, stellte sich als unzuverlässig, und aktuell der Promiskuität zugetan dar.
Biografisch aktualisierte sich die erste Bindungsperson, die Mutter, die symbiotisch mit der älteren Schwester verwoben war, und sich von dieser in ihren depressiven Phasen stabilisieren ließ. Der familiäre Gegenspieler, der narzisstisch akzentuierte Vater, brauchte mehr die Bewunderung der jüngeren Tochter, als das er ihren inneren Glanz spiegeln konnte. Das Objekt der bulemischen Begierde ist allzeit verfügbar, käuflich.
Im unterzuckerten, ausgehungerten Zustand geht sie am Abend in einen Discounter, schaufelt in den großen Wagen wahllos alles was Fett und Kohlenhydrate trägt intuitiv wissend, dass diese Stoffe die Serotonin, die Glückshormon Produktion anfeuern.
In bulemischen Phasen lässt sie monatlich bis zu 400 zusätzlich im Lebensmitteleinkauf.
Sie schleppt die Beute nach hause, den ganzen Tag hat sie fast nichts gegessen.
Sie ist hungrig, unterzuckert, gierig.
Ein kurzer Rausch, siie stopft Nudelgerichte, Süßwaren in sich hinein, über den Sättigungspunkt, mehr und mehr. Dann kippt es, die Begierde kippt in Selbstekel.
Ein Druck im Bauch, sie schämt sich. Es fühlt sich falsch an, es ist nicht was sie will, es muss raus. Es schadet, muss raus. Eben noch Glück und satt sein, es macht fett, muss weg.
Ihr ist übel, sie geht zum Klo. In den Augen stehen die Tränen.
Sie steckt einen Finger in den Hals, ein Würgen.
Eine saure Masse steigt aus dem krampfenden Magen. Sie hängt über der Toilettenschüssel, würgt und weint.
Admin - 20:19 @
Diplompsychologin
Psychologische Psychotherapeutin
Hofweg 62
22085 Hamburg
Telefonzeit Freitags von 11 - 13 Uhr
Fon 040 / 227 32 93
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