Psychotherapie Hofweg
Tiefenpsychologisch fundiert - Psychodynamisch fokussiert

Küchenpsychologie


16.10.2022

Corona Blues

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Eine Patientin, Mitte Fünfzig klingelt energisch an der Eingangstür. Ich drücke den Summer. Sie schreitet forschen Schrittes den Flur hoch zu meinem Therapieraum, in dem ich die Zeit um etwa zwei Minuten überzogen habe, und mit einer  jungen Frau im Gespräch sitze.
Sie biegt um die Ecke, über der FFP2 Maske funkeln die Augen finster.
Die junge Frau springt auf, zerrt sich eine Maske vor das Gesicht, verabschiedet sich, flieht, gerne würde ich mich anschließen.Aus dem Hintergrund ergiesst sich ein Schwall, “ich bin Risikogruppe, ich kenne die Studien, im Hamburger Abendblatt steht heute, die Inzidenz ist…..”Das Fenster im Behandlungsraum ist weit geöffnet, durch die geöffnete Haustür zieht ein Luftschwall. Sie stößt aus :” die ist nicht geimpft”, aus welcher Quelle sie diese Wissen bezieht, offenbart sie mir nicht. Auf ihrer inneren Bühne ist längst die versagende Mutter in großer Innigkeit mit der jüngeren Schwester präsent, die ihr Corona Viren präsentieren, als synonym für das Toxische in der Mutter-Tochter Beziehung. Mit narzisstischer Überheblichkeit holt sie aus, “ ich kenne die Studien”, auf meiner inneren Bühne identifiziere ich meine Mutter. Sie stößt aus :” ich möchte die Therapie unterbrechen, bis zum Februar, dann ist Corona vorbei”.Ich erwidere leicht pampig” das hört nie auf”, sie erwidert mit leicht verklärtem Blick, doch im nächsten Frühjahr ist das vorbei. Mittlerweile am Therapie Sessel angekommen, “die wollen mich rausmobben, wie alle anderen Schwerbehinderten”.Es folgt ein Vortrag, über unfreundlich erlebte Alltags Kontakte am Arbeitsplatz. Ich erwidere, dass Controler, wenn sie ihren Job gut machten, nie besonders beliebt wären, ihr Gesicht hellt sich auf, das vermeintliche Lob inhalierend.Die Corona Pantemie sortiert sie gut in ihre Selbst- und Welterklärung. Zum einen ist sie, die umfassend informiert ist, zum anderen allseitig verfolgt und benachteiligt wird. Auch die sie stabilisierende therapeutische Beziehung nimmt sie in dem Moment als virale Bedrohung war, wo sie mit einer innigen Situation mit einer anderen Patientin konfrontiert ist.Das sie einen fünfwöchigen Urlaub im Süden buchen konnte, und gute Aussichten hat, im November entzieht sich ihrer Wahrnehmung in ihrem Verfolgungs- und Benachteiligungsmodus. Sie kippt vom Opfer in den Überlegenheitsmodus, in Bruchteilen von Sekunden. Corona kann sie als Folie für ihre Selbst- und Weltsicht inszenieren, sie die aufgrund ihrer großen fundierten Kenntnis die Studienlage interpretiert, die anderen, die ihr dies und alles andere  das an ihrer Person heraus ragt neiden, und sie deswegen verfolgen.Sie erregt sich über den älteren Sohn, der eine sechsmonatige Fahrradreise in den Iran mache, ein Risikogebiet, und seinen Management Job gekündigt hätte. Ich kenne den Sohn aus ihren Schilderungen, dass er sie umfassend gecoacht hätte. Ich interveniere, dass der Sohn mutmaßlich in einem notwendigen Abnabelungsprozess von ihr wäre. Sie erwidert, daran hätte sie auch schon gedacht.Sie hatte sich seine dreißig Lebensjahre auf ihn als Selbstobjekt bezogen. Der  Verlust des parentifizierten Sohnes durch dessen deutliche Abgrenzung, ihre islamophobe Haltung führt ihn fast zwangsläufig in den Iran. Verlust des stabilisierenden Selbstobjekt kann nicht betrauert werden. Etwas in ihr weiß das sie missbräuchlich agiert hat, das mag sie sich und der Therapeutin nicht zugestehen. Anstatt die eigene Not aus der das entstand, und den Verlust zu betrauern, verbarrikadiert sie sich in ihrer narzisstischen Rüstung, viral bedroht durch die junge Mitpatientin, und die Therapeutin. Am Nachmittag kommt eine Andere im gleichen Alter. Sie gehört zu den erklärten Impfgegnern. Sie reklamiert ebenso den Staus der Best Informierten. Sie kreiert ein Horrorszenario, von an der Corona Impfung verstorbenen jungen Gesunden, all das werde vor der Öffentlichkeit verborgen, sie würde ihre Nächte damt verbringen Studien zu lesen, die das belegten.Sie fürchte vom Arbeitgeber zur Impfung gezwungen zu werden, und berichtet mit einer ungeöffneten Lucca Impfung sich Einlass in einen Club erschummelt zu haben. Ich erreiche sie ebenso wenig wie die Erste im Kontakt, fast lustvoll berichtet sie von der Welt umfassenden Impfverschwörung. Sie fühlt sich verfolgt und ausgegrenzt. Sie sitzt neben der Arbeit nur noch allein zuhause, und liest Studien, geniesst das exklusive Gefühl der auserwählten Wissenden. Sie erlebt ihre Einsamkeit, ebenso wie die Erste, als Preis für ihre aufrechte Haltung, nicht ein Ergebnis einer belastenden Biografie. Sie tröstet sich mit ihrer erlebten Allwissenheit, und hochgejazzte Autonomie, einmal unangepasst sein.
Die Tochter überlege sich impfen zu lassen, weil sie die Ausgrenzungen nicht aushielte.
Die Enttäuschung ist eigentlich, dass die Tochter eine neue Partnerschaft hat, und beginnt sich aus der symbiotischen Beziehung Mutter-Tochter Beziehung abzulösen.
Sie ist auch vom Verlust ihres stabilisierenden Selbstobjekt durch Autonomiebestrebungen und Ablösungsprozesse bedroht. An beiden Polen des Corona Geschehen die gleiche persönliche Not, instabile Persönlichkeiten, bedroht durch Autonomie Prozesse der bislang stabilisierenden erwachsenen Kinder, die die nicht erfüllte kindliche Symbiose den Müttern, zur Stabilisierung gaben, und die Corona zur Abgrenzung im Interesse der Autonomie nutzen konnten. Bei Beiden bin ich die Wiederholung der versagenden Mutter, ein Wiederholungszwang der droht angesichts der destruktiven Polarisierung unaufgearbeitet zu bleiben droht, Beide sind aktuell, trotz gewachsener Beziehungen, für meine Interventionen momentan unerreichbar, sie reinszenieren ihr kindliches Schicksal, zu Unrecht ausgegrenzt.

Admin - 20:22 @