Psychotherapie Hofweg
Tiefenpsychologisch fundiert - Psychodynamisch fokussiert

Küchenpsychologie


16.10.2022

Narzissten

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Vor Corona, als Ausgehen selbstverständlich war, identifizierte ein mir bis dahin noch nicht bekannter Facharzt, einen mir bekannten seiner  Kollegen als Narzissten, in der Konnotation der Verwerflichkeit.
Ich möchte heute ein Plädoyer für den Typ A Narzissten halten, ich möchte ihn als den Freundlichen bezeichnen. Er ist eine Bereicherung unseres miteinander. Mal in der Gestalt des Friseurs, der uns schmeichelt, mit der äußeren Verwandlung unsere Seele aufhellt. Der Kellner in einem italienischen, spanischens, oder griechischen Restaurants, mit allen Stammkunden per du, strahlt er jedes mit sich gelangweiltes Ehepaar an,er erleuchtet ihre im Büro getrübten Augen. Er spiegelt sich kalkuliert radebrechend deutsch, in der von ihm erleuchteten Tristesse. Sie liegen ihm zu Füßen, schmelzen unter seinen Komplimenten. Er gibt ihnen Bedeutung, schön dass du da bist, du gehörst dazu. Er kennt und nennt alle beim Vornamen.
Ich höre dich, ich sehe dich, wir sind eins in diesem zeitlosen Moment.
Er ist der Einzige der immer freundlich ist, eine Oase im großen Grau des formatierten Lebens. Wir finden ihn als Rockstar, er steht auf der Bühne, das Mikrofon in der Hand, hält er es zum Publikum, Tausende stimmen den Refrain an, er strahlt sie an, sie strahlen zurück, er spiegelt sich in ihren Augen, sie sind sein Echo.  Er reitet auf der Welle seiner Grandiosität, und nimmt sie mit in diesen Rausch, die Band hält den Rhythmus, so stürzen die brüchigen Stimmen der Fans nicht ab, sie sind eins, eine orgastische kollektive Ozeanität.
Wir finden den gutartigen Narziss auch im Alltag, insbesondere im Fernsehalltag, bei Professor Brinkmann in der Schwarzwaldklinik, und seinen jüngeren Kollegen, in realen Arztpraxen und Anwaltskanzleien ist er vertreten.
Er signalisiert unseren bedürftigen Anteilen, “ich höre dich, ich sehe dich in deiner Not”, wir saugen den warmen Blick, inhalieren die beruhigende Stimme.
Er spiegelt seinen Glanz, in unserem kindlichem Blick, und wächst, während wir schrumpfen, alters regressiv, uns ein bisschen kindlich abhängig geborgen fühlen.
Wir fühlen uns nicht mehr allein, wir sind ein bisschen gestärkt um den Widrigkeiten des Schicksals stand zu halten, nicht mehr allein damit.
Die Projektion spiegelt uns den starken Vater, den wir hatten, oder endlich gefunden haben.
Die weibliche Entsprechung berührt noch tiefere Schichten unserer Bedürftigkeit, der “Glanz im Auge der Mutter”, sei das was das Kind wärmt, sagt Winnicott.
Wir finden diesen Glanz in den Mariendarstellungen der Katholischen Kirche. 
Dieser Glanz nährt und berührt uns, verführt  uns, wir verschmelzen mit unserer Mutter Projektion, der nährenden Mutter, die wir verschmelzen in diesem Blick, zum eins sein, nicht allein. Sie nährt ihre Grandiosität.
Die Theorie der sich emotional ausbeutenden Helfersyndrom Trägerin greift nicht, die scheinbar selbstlos Helfende zieht den Nektar ihrer Grandiosität aus der situativen Abhängigkeit des Gegenübers,aus deren Bedürftigkeit, die macht sie lebendig.Ihr Größenselbst pumpt sich auf, hebt sie über die eigenen inneren Nichtigkeiten. Helfende und Abhängige verschmelzen.
Mutter Narziss spiegelt sich im eigenen Glanz im Gegenüber, der Benefit ist groß, die Schwelle zum narzisstischen Missbrauch niedrig. Der Übergang fließend.

Admin - 20:15 @